Eigentlich lief alles wie geschmiert. Schiedsrichter Manuel Gräfe pfiff die Begegnung an und 84 Sekunden später traf Klaas-Jan Huntelaar vor der Nordkurve zur 1:0-Führung. Ich habe das Spiel im Stadion verfolgt und war begeistert. Die Stimmung war nach dem Tor überschwänglich und alles freute sich diebisch auf ein tolles Spiel der Schalker Truppe. Dieser Treffer direkt zu Beginn, das musste die neue Siegermentalität sein, von der ja jeder spricht.
Was danach kam, hatte damit aber wenig zu tun. Die Mannschaft zog sich zurück und überließ den gut aufspielenden Nordlichtern zeitweise das Feld, anstatt die Führung auszubauen. Von Gier auf den Sieg spürte man zu diesem Zeitpunkt kaum etwas. Dazu kamen ein ständiges Quergeschiebe, Rückpässe und Angriffsabbrüche. Kaum Bewegung des Mittelfeldes. Enttäuschend.
Spielball frustrierter Eitelkeiten
Natürlich folgte dem S04 auch das Pech in die neue Saison. Es gab einen Strafstoß, den man nicht geben "muss". Joel Matip wurde aus kurzer Distanz an der Hüfte angeschossen und der Ball sprang ihm von dort an die Hand. Die Hand ging nicht zum Ball und als Körperverbreiterung ist dies nicht zu werten, da Matip in einer Laufbewegung war und die Arme sich dementsprechend bewegt haben. Gräfe stand in einem ungünstigen Winkel und hat vielleicht nicht gesehen, dass die Pille von Joels Hüfte abgefälscht wurde. Allerdings muss das der Linienrichter sehen.
Nun gut, Matip war dann wieder der Buhmann für die "besten Fans der Welt" – er wurde ausgepfiffen und aus meinem Block von Schalkern übel beleidigt. Die Partie lief für den Jungen ziemlich unglücklich, da er auch am dritten Gegentor beteiligt war und Lasse Sobiechs Kopfball nicht verhindern konnte. Im Anschluss hatte der Kameruner selbst noch Gelegenheiten, das 4:3 für Schalke 04 zu machen, er vergab allerdings. Die Stimmung drückte sich immer mehr gegen ihn aus. Wenn ihn das Mittelfeld alleine ließ und sich keiner anbot, musste der Rückpass her, da der HSV presste. Trotzdem bekam der 21-Jährige von den Rängen sein Fett weg. Traurig und beschämend war das.
Richtig Schwung machte Schalke aus meiner Sicht allerdings erst wirklich als Roman Neustädter ausgewechselt wurde. Leider lieferte er eine bescheidene Leistung ab. Im Gegensatz zu Neustädter traute sich Leon Goretzka wesentlich mehr zu und belebte auch das Spiel nach vorne. Es war toll, den jungen Mann in Aktion zu sehen, auch wenn noch nicht alles bei ihm geklappt hat. Natürlich ist es bitter, dass er nicht hinter Julian Draxler spielte, weil der sich leider an der Achillessehne verletzte. An dieser Stelle: gute Besserung!
Alte Baustellen, alte Fehler
Was sagt uns dieses Spiel nun? Vielleicht erinnert es einen daran, dass S04 in der Rückwärtsbewegung, vor allem über die Außen, immer noch große Schwierigkeiten hat. Wenn man sich zum Beispiel die Szene zum 1:2 ansieht, wo Maxi Beister frei stehend die Bude macht, dann darf Dennis Diekmeier da nicht so frei ans Flanken kommen. Christian Clemens und Christian Fuchs decken beide denselben Raum und außen steht Diekmeier völlig alleine – viel zu weit weg vom Gegenspieler. Im Zentrum schiebt sich Beister geschickt zwischen die Innenverteidiger und mit Latte und ordentlich Dusel (Hildebrand) kullert die Pille über die Linie.
Immerhin hat dieses 3:3 aber auch etwas Gutes: die Stürmer treffen! Unsere Knipser Klaas-Jan Huntelaar und Adam Szalai sind sofort da. Das ist sehr erfreulich. Tore schießen kann der FC Schalke gut. Jetzt muss es nur noch gelingen, Gegentore weitestgehend zu verhindern.